Yüksel Birinci, Mitglied des Vorstands der Islamischen Gemeinde, deren Moschee erst kürzlich wegen einer Bombendrohung geräumt werden musste, sprach auf unserer Kundgebung am Do. 5. März 2020 auf dem Grendplatz:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen der Islamischen Gemeinde zu Essen-Steele bedanke ich mich herzlich für eure Einladung, wir nehmen gerne an dieser wichtigen Veranstaltung teil.
Am 12. Februar 2020 bekamen wir eine E-Mail, unter anderem mit dem Zitat „in Ihrer Moschee wird es heute heftig krachen!“. Wir waren geschockt und leiteten alle Sicherungsmaßnahmen ein. Im Nachgang waren wir aber auch verärgert. Warum? Wir, die seit 60 Jahren in Steele leben, Generationen die hier geboren sind, zur Schule gehen, ihre Ausbildung oder ihr Studium hier absolvieren und nun Teil dieser Gesellschaft sind und Ihrem positiven Beitrag zum friedlichen Zusammenleben beizutragen. Seit längerer Zeit beobachten wir in Essen-Steele, aber auch in ganz Deutschland immer häufiger eine rechtsradikaler Gesinnung, die mit Rassismus und Islamophobie einhergeht. Wir wissen aber auch aus vielen Aktivitäten und Solidaritätsbekundungen der Steeler Bürgerschaft, dass dies den Bürgerinnen und Bürgern in Steele eine enorme Sorge bereitet.
Die Politik, Sicherheitsbehörden und die Zivilgesellschaft mit sehr aktiven Netzwerken sind nun mehr denn je aufgefordert, ihre Stimme zu erheben und Flagge zu zeigen. Die Bedrohungsspirale hat unser Steele weltweit sehr negative Schlagzeilen beschert. Wir sind alle aufgefordert, das noch gute Image und die lebendige Vielfalt in den Focus zu nehmen, damit Steele von diesem weltweit unverdienten Platz weg kommt.
Meine Damen und Herren, für uns, samt unserer Familien, gilt Deutschland als unsere neue Heimat. Für unsere Kinder und meine Generation, die hier geboren wurden, ist Deutschland die Heimat überhaupt. Unsere Eltern sind vor 60 Jahren in dieses Land gekommen, und haben es mit Ihnen wieder aufgebaut, es zu einem blühenden und weltwirtschaftlich starken Land werden lassen. Selbst auf diesem Platz, auf dem wir und alle anderen ihre Kundgebungen machen und aufmarschieren, arbeiteten in den 1960er und 70er Jahren gern unsere Väter und Großväter mit und trugen zur Verschönerung unserer City bei. Viele von ihnen leben nicht mehr, wir sind an ihre Stelle getreten, um es wirtschaftlich, sozial und demokratisch weiterhin auf einer starken und weltweit führenden Stelle zu erhalten.
Mit Ihnen gemeinsam wollen wir weiter Schulter an Schulter für die Vielfalt in unserer Gesellschaft arbeiten. Aus dieser Stärke heraus gibt Deutschland allen Menschen hier einen Raum, damit jeder seine Kultur, Religion und Sprache leben kann und sich für die Menschenrechte, Toleranz, Integration und den Frieden einzusetzen. Das deutsche Grundgesetz, das für alle Menschen in diesem Land gilt, ist das Fundament dafür. Auf diesem Fundament wollen wir uns unermüdlich weiterhin einsetzen für eine intakte Nachbarschaft, die vom Respekt und Wertschätzung umgeben ist und für ein friedliches Zusammenleben in dieser Gesellschaft. Diesen Geist der Zusammengehörigkeit wollen wir unseren nächsten Generationen weitergeben.
Wie Sie, meine Damen und Herren hier heute bewiesen haben, dass wir zusammenhalten und füreinander da sind, wollen wir auch Ihnen versichern, dass unsere Herzen zusammen schlagen und wir Rassismus, Terrorismus, Religionsfeindlichkeit und Gewalt jeglicher Art keinen Platz in unserem gemeinsamen Leben bieten. Von dieser Stelle senden wir unsere Anteilnahme an alle, die bis heute dem Rassismus und der Gewalt jeglicher Art zum Opfer gefallen sind.
Wir sind gemeinsam Steele, Essen, NRW, Deutschland und die Welt!“