Landesjugendring NRW: Rechtsextremismus in Steele

Die „Steeler Jungs“ bedrohen wieder junge Menschen, rufen vor der „Sportsbar 300“ rechtsextreme Parolen und pöbeln Teilnehmende eines Seminars im Grend an. Die Polizei wird verständigt, kommt jedoch erst Stunden später vorbei. Der Landesjugendring NRW fordert in einem offenen Brief an Innenminister Reul und Oberbürgermeister Kufen konsequentes Vorgehen:

„Wir fordern vom Innenministerium

  • lückenlos aufzuklären, warum die Polizei erst mehr als zwei Stunden nach Absetzen des Notrufes gekommen ist.
  • dafür Sorge zu tragen, dass die Polizei bei derlei Gefahrenlage stets umgehend reagiert – in Essen und überall!
  • in der Polizei Essen offensichtlich vorhandene Missstände umgehend abzustellen.
  • mit Angeboten politischer Bildung und Prävention jeglichen rechtspopulistischen Tendenzen entgegenzuwirken.

Wir fordern von der Stadt Essen

  • sichere Räume in der Kinder- und Jugendarbeit zu schaffen. Dies kann nur gelingen, indem konsequent gegen rechtsextreme Strukturen in Essen vorgegangen wird.
  • alles in ihrer Macht stehende zu tun, Räume, von denen rassistische Gewalt ausgeht, wie die Sportsbar 300, zu verbieten.
  • Initiativen, die sich für eine vielfältige Gesellschaft einsetzen, uneingeschränkt zu unterstützen.“*

(*Zitat aus dem offen Brief)

Den gesamten Text „Offener Brief Gemeinsam gegen Rassismus“ gibt es hier: https://www.ljr-nrw.de/wp-content/uploads/2022/07/Offener-Brief-LJR-NRW-Gemeinsam-gegen-Rassismus_2.pdf

Die Stadt Essen reagierte mit einer Stellungnahme, die hier nachzulesen ist: https://www.essen.de/meldungen/pressemeldung_1473171.de.html

Ein Antwortschreiben des Beigeordneten Christian Kromberg (Geschäftsbereichsvorstand Ordnungsamt) ist hier nachzulesen: https://media.essen.de/media/wwwessende/aemter/0115_1/newsletter_5/sonstiges_1/2022_07_29_Antwortschreiben_Offener_Brief_Landesjugendring_NRW.pdf

Das Bündnis „Essen stellt sich quer“ widerspricht der Stellungnahme der Stadt Essen mit deutlichen Worten: https://essq.de/index.php/2022/08/07/essen-stellt-sich-quer-widerspricht-staedtischer-selbstbeweihraeucherung-deutlich/

Verfassungsschutz berichtet über Rechtsextremismus

Heute (23.06.2020) sollte der Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz vorgestellt werden, doch das Innenministerium sagte den Termin kurzfristig ab. Nach Informationen des Spiegel soll das „rechtsextremistische Personenpotenzial“ stark gestiegen sein, von 24.100 (2018) auf 32.080 (2019) Personen gestiegen sein. Offenbar sind unsere Erfahrungen in Essen keine Einzelfälle.


Interessant ist auch der Blick in den Bericht des Verfassungsschutzes des Landes NRW, denn dieser ist bereits öffentlich. Darin wird auch wieder ausführlich über die „Steeler Jungs“ im Kapitel „Rechtsextremistisch geprägte Mischszene“ (S. 68 – 70) berichtet:
Seit April 2018 führt die Gruppierung First Class Crew – Steeler Jungs (FCC) regelmäßig an Donnerstagen sogenannte „Stadtspaziergänge“ im Essener Stadtteil Steele durch. Dabei tragen die Mitglieder meist schwarze Kleidung mit dem Schriftzug „FCC Steeler Jungs“ in Frakturschrift. Die Teilnehmerzahl bei den „Spaziergängern“ variiert meist zwischen 50 bis zu 100 Personen. Dabei beteiligten sich auch einige Frauen und Kinder aus dem mutmaßlichen familiären Umfeld der Mitglieder. Die als „Versammlungen“ bewerteten „Spaziergänge“ der FCC werden regelmäßig durch Polizeikräfte begleitet. Der Koordinator der „Spaziergänge“ kommt, wie die Mehrheit der Teil- nehmer, aus dem Hooligan- und Rockermilieu. Einzelne Mitglieder weisen rechtsextremistische Bezüge auf, einige Mitglieder haben eine Migrationsbiografie. Neben den Steeler Jungs haben sich in anderen Essener Ortsteilen mit den Huttroper Jungs und den Borbecker Jungs ähnliche Zusammenschlüsse beziehungsweise Untergruppierungen gebildet. Diese haben auf sich aufmerksam gemacht, indem sie durch einheitliche Bekleidung, die an die der Steeler Jungs angeglichen wurde, auffielen.
Es bestehen Bezüge zum Rechtsextremismus: In der Gaststätte, die der Treffpunkt der Gruppierung ist, trat 2019 die rechtsextremistische Band Kategorie C auf, die ein Bindeglied zwischen rechtsextremistischer und Hooliganszene darstellt. (…)
NRW Innenminister Reul schreibt im Vorwort: „Das Jahr 2019 hat auf schmerzliche Weise gezeigt, wie Propaganda, Falschinformationen und obskure Weltsichten der Radikalisierung Vorschub leisten. Sie sind der Nährboden für rechtsterroristische Strukturen. Noch mehr allerdings für Einzeltäter, die in den vergangenen Jahren immer wieder furchtbare Bluttaten begingen: Der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke, der Anschlag auf die Synagoge in Halle, nicht zuletzt der neunfache Mordanschlag auf Menschen mit Migrationshintergrund in Hanau. Die nun vorliegende Analyse des Verfassungsschutzes zum politischen Extremismus 2019 in Nordrhein-Westfalen zeigt deutlich, dass es Rechtsextremen vor allem darum geht, zu radikalisieren und zu entgrenzen. Der politische Diskurs soll nach „Rechts“ verschoben werden, rechtsextremistische Ansichten sollen „salonfähig“ für die Mitte der Gesellschaft werden. Es entstehen Mischszenen, in denen Rechtsextremisten mit Rockern und Hooligans gemeinsame Sache machen. (…)
Den kompletten Verfassungsschutzbericht NRW 2019 gibt es hier:

https://www.im.nrw/system/files/media/document/file/VS_Bericht_NRW_2019.pdf

Foto: WDR Radio Cosmo